Wie Du Hochstapler Syndrom durch den Anfängergeist besiegst

Wie entsteht das Hochstapler Syndrom (Impostor Syndrom) und wie kann ein Anfängergeist bzw. Beginner’s Mind die negativen Folgen von Impostor Syndrom mindern und sogar entfernen? In diesem Beitrag erfährst du, warum gerade die Änderung der Betrachtungsweise auf das Hochstapler Syndrom extrem wichtig ist.

Impostor Syndrom Definition

Impostor Syndrom Definition
Der Begriff “Hochstapler Syndrom”, auch Impostor Syndrom oder Impostor Phänomen genannt, wurde 1978 erstmalig von den Psychologinnen Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes eingeführt. Es bezeichnet ein Gefühl, bei dem offensichtlich erfolgreiche Menschen trotzdem starke Selbstzweifel in Bezug auf die eigene Kompetenz haben, was unter anderem zu einem verminderten Selbstwertgefühl führen kann.

Das Hochstapler Syndrom kann dabei nicht nur im Beruf, sondern in jedem anderen Lebens- und Kompetenz auftreten. Schätzungsweise erfahren ca. 70 % aller Menschen in ihrem Leben das Impostor Syndrom zu einem gewissen Grad1https://www.sciencetheearth.com/uploads/2/4/6/5/24658156/2011_sakulku_the_impostor_phenomenon.pdf.

Durch das Gefühl, dass man den eigenen Erfolg nicht verdient hat und “nur Glück” hatte, leiden insbesondere kompetente Menschen unter starken Selbstzweifeln und Unsicherheiten. Außerdem verstärkt die Angst, dass ihre vermeintliche Inkompetenz irgendwann enttarnt werden könnten, diese Unsicherheiten.

Impostor Syndrom Ursachen

Die Ursachen für das Hochstapler Syndrom können sehr vielseitig sein. Meistens hängen sie jedoch mit einigen bestimmten Persönlichkeitseigenschaften zusammen, die insbesondere heutzutage vermehrt auftreten.

Perfektionismus

Menschen mit einem stark ausgeprägten Maß an Perfektionismus sehen sich selbst und ihre Leistungen nie als gut genug an. Während ein gewisses Maß an Perfektionismus sicherlich als Ansporn zur Verbesserung gelten kann, wird jedoch ein übertriebener Perfektionismus unweigerlich zu einem mangelnden Selbstwertgefühl führen. Wenn man mit seiner eigenen Arbeit nie wirklich zufrieden ist, sieht sich selbst immer als inkompetent an. Wie wir später sehen werden, kann gerade hier ein Umdenken helfen, um sich vom Impostor Syndrom zu lösen.

Vergleich mit anderen Menschen

“Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.”

Søren Kierkegaard

Beim Vergleich mit anderen Menschen fallen uns vor allem die Bereiche auf, in denen wir schwächer sind. Wir denken, dass andere Personen ihre Entscheidungen aufgrund von fundierten Kenntnissen begründen und weisen ihnen somit von Natur aus schon eine höhere Kompetenz zu. Außerdem lassen wir oft außer Acht, dass wir meistens nur die “Highlights” von anderen Personen sehen. Wir selbst sehen von uns alles, was uns bis zu unserem jetzigen Punkt geführt hat, inklusive aller Fehler, die wir gemacht haben und machen werden.

Das ständige Vergleichen mit anderen Menschen und die daraus entstehenden negativen Konsequenzen stellten bereits früher schon ein Problem dar. Vor allem jedoch in unserer heutigen stark vernetzte Welt ist der Vergleich mit anderen Menschen und das daraus entstehende verringerte Selbstvertrauen so präsent wie noch nie. Die vermeintlich perfekte Selbstdarstellung auf den sozialen Medien verstärkt diesen Effekt und sorgt dafür, dass wir an diese “perfekte Welt” glauben.

Kindheitserfahrungen

Nicht nur der Vergleich mit anderen Menschen, sondern auch bestimmte Kindheitserfahrungen können das Hochstapler Syndrom im Erwachsenenalter verstärken. Wenn Kinder beispielsweise keinerlei Anerkennung bekommen haben, sind sie oft auch nicht in der Lage gewesen, ihre eigenen Erfolge zu erkennen. Das kann sich bis zu einem höheren Alter fortführen, sodass eigene Erfolge jeweils nur dem Glück zugeschrieben werden.

Kein Einsammeln von Feedback

Wenn man im Kindheitsalter keinerlei Anerkennung für Leistungen erfahren hat, kann es helfen, sich regelmäßig bewusst Feedback zu den eigenen Anstrengungen einzusammeln. Besonders introvertierte Menschen versäumen es aber, sich in einem regelmäßigen Zeitraum Rückmeldung zu ihren Leistungen einzuholen. Das kann dann zusätzlich zu einer verminderten Einschätzung der eigenen Leistungen führen.

Hochstapler Syndrom Gegenteil

Beim Impostor Syndrom herrscht das Gefühl vor, inkompetent zu sein und man sorgt sich darum, dass diese vermeintliche Inkompetenz von anderen Menschen aufgedeckt wird. Als eine Art Gegenteil dazu kann der sogenannte Dunning-Kruger Effekt angesehen werden. Er beschreibt eine gewisse Selbstüberschätzung von Menschen, die in Wirklichkeit eine eher geringere Kompetenz besitzen.

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Quelle: Eigene Darstellung

Bevor wir uns aber vorschnell zur Lösung des Impostor Syndroms entscheiden, mehr in Richtung des Dunning-Kruger Effekts zu bewegen, sollten wir uns erst einmal darüber Gedanken machen. Das Problem an beiden Theorien und Sichtweisen ist, dass wir auf eine bestimmte “Endkompetenz” bzw. “Zielkompetenz” abzielen, die wir meistens nur durch Vergleichen mit anderen Menschen definieren können.

Solange wir diese vergleichende Einstellung beibehalten, werden wir wahrscheinlich immer unsicher bleiben. Zur Lösung dieses Problems hilft es, den Fokus auf regelmäßige Verbesserung und schrittweise Fortschritte zu setzen, indem wir uns mit uns selbst vergleichen und immer bereit sind, etwas Neues zu lernen.

Um uns aber im Gegensatz zu einer “Endkompetenz” auf den Weg der Verbesserung konzentrieren, bedarf es einer anderen Vorgehensweise.

Was tun bei Impostor Syndrom?

Das Umgehen/Lösen des Impostor Syndroms kann eingeteilt werden in bestimmte mentale Denkmuster und praktische Aspekte. In den meisten Ratgebern zum Thema Hochstapler Syndrom liegt der Fokus auf den praktischen Tipps.

Aus meiner Sicht werden dabei jedoch nur die Symptome (mangelndes Selbstwertgefühl, …) zeitweise gelindert, die Ursachen bzw. die darunterliegen Probleme bleiben jedoch erhalten. Aus diesem Grund ist meiner Meinung nach ein grundsätzliches Umdenken in Bezug auf das Hochstapler Syndrom der wichtigste Schritt. Wenn ein Großteil der Anstrengung für den wichtigsten Aspekt, und zwar das Ändern der Einstellung und Denkmuster, aufgewendet wird, fällt es dann einfacher, die praktischen Tipps, wenn noch notwendig, umzusetzen.

Mentale Denkmuster

Mit den mentalen Denkmustern sind die Einstellungen und Sichtweisen gegenüber des Hochstapler Syndroms gemeint. Deshalb wollen wir uns zuerst anschauen, wieso das Hochstapler Syndrom überhaupt als ein Problem angesehen wird.

Warum wird das Impostor Syndrom als Problem gesehen?

Das Impostor Syndrom gilt nicht als eine psychische Störung, sondern eher als ein Persönlichkeitsmerkmal. Trotzdem wird es oft wie eine psychische Störung bzw. Krankheit behandelt, von der man sich durch Lindern der Symptome befreien könnte.

Den Eindruck, dass es sich um eine Krankheit handelt, verstärkt das Wort “Syndrom”. Wenn etwas mit einem solchen negativ behafteten Wort bezeichnet wird, verbindet man automatisch eine Krankheit oder eine Störung damit. Ironischerweise entwickelte sich der Zusatz “Syndrom” erst im Laufe der Jahre, da es ursprünglich von Clance und Imes mit dem Namen “Impostor phenomenon” bezeichnet wurde.2https://en.wikipedia.org/wiki/Impostor_syndrome Auch der Begriff “Hochstapler” lässt darauf schließen, dass es sich hier eindeutig um eine negative Eigenschaft handeln müsse.

Das wohl größte Problem dabei ist, dass ein Mangel an Kompetenz überhaupt als etwas Negatives angesehen wird. Wenn wir uns inkompetent fühlen, haben wir grundsätzlich zwei verschiedene Denkmuster zur Verfügung: Zum einen können wir die Inkompetenz als Grund ansehen, Unsicherheiten uns Selbstzweifel aufzubauen, die sich durch den Vergleich mit anderen Menschen immer weiter verstärken. Zum anderen können wir aber unsere Inkompetenz als einen Beweis für ein weiteres Verbesserungspotenzial nach oben ansehen.

Solange diese negative Fehlerkultur und dieses Vergleichs- und Kompetenzdenken in unserer Gesellschaft dominiert, so lange wird auch das Impostor Syndrom existieren und als Problem gesehen werden.

Was wäre nun aber, wenn das Hochstapler Syndrom nicht als Krankheit angesehen wird, sondern als “Weckruf”, uns stetig zu verbessern? Und wie wäre es, wenn wir uns anstatt als einen Hochstapler lediglich als einen Anfänger sehen würden, der immer etwas dazulernen kann, egal als wie kompetent wir von anderen wahrgenommen werden oder wie viele Auszeichnungen wir besitzen?

Sichtweise verändern

Vielleicht hast du schon einmal etwas von dem Beginner’s Mind, auch Anfängergeist genannt, gehört. Es ist eine Geisteshaltung, die alles im Leben mit einer gewissen Unvoreingenommenheit und Offenheit angeht, als wäre man ein Anfänger. Dabei ist es vollkommen egal, ob man von Menschen außerhalb als Experte oder Amateur angesehen wird.

Wenn du mehr darüber lernen willst, was das Beginner’s Mind ist und wie du es im Alltag ausprägen und trainieren kannst, dann schau dir gerne meinen Beitrag dazu an!

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Quelle: Eigene Darstellung

Während der Fokus beim Impostor Syndrom darauf liegt “Gut zu werden” bzw. “Als Gut angesehen werden”, zielt ein Beginner’s Mind darauf ab, “Besser zu werden”, egal an welchem Punkt man sich befindet. Es hilft uns, das Bedürfnis abzulegen, von anderen Menschen um jeden Preis als kompetent wahrgenommen zu werden. Außerdem akzeptieren wir so, dass es nicht nur nicht schlecht, sondern sogar positiv ist, ein Anfänger zu sein. Unser wahrgenommener Mangel an Kompetenz führt somit nicht zu negativen Selbsteinschätzungen, sondern zur Erkennung unseres Potenzials. Wir sind zufrieden mit dem Stand, an dem wir uns befinden und können uns somit von dort aus verbessern, indem wir unser Bestes geben.

Wenn wir uns nur auf das Endziel (= Wahrgenommene Kompetenz durch andere Menschen) fokussieren, ist es nur schwer möglich, glücklich zu sein und es werden immer mehr Selbstzweifel entstehen. Mit einem ausgeprägten Beginner’s Mind dient uns das Endziel nur als eine grobe Richtung, unser Hauptfokus liegt jedoch darin, eine gewisse Offenheit und Unvoreingenommenheit zu besitzen und sich kontinuierlich zu verbessern.

Bei den meisten erfolgreichen und kompetenten Menschen werden wir ironischerweise feststellen, dass sie gleichzeitig lebenslange Lerner sind. Um jedoch ein lebenslanger Lerner zu sein, muss man sich zu jedem Zeitpunkt selbst zu einem gewissen Grad als Anfänger, oder sogar auch als Hochstapler sehen, sogar in den eigenen Kompetenzbereichen. Nur diese Sichtweise hilft diesen Menschen, sich immer weiter zu verbessern. Der Unterschied zwischen diesen lebenslangen Lernern und anderen Menschen ist also die Denkweise, die sie in Bezug auf das Lernen ausgebildet haben.

Egal, ob wir uns nun als Anfänger, oder als Hochstapler bezeichnen wollen, wir sollten uns zuerst immer selbst die Frage stellen, ob wir daraus etwas Negatives, oder Positives ziehen wollen.

Fokus auf kontinuierliche Verbesserung anstatt auf Vergleichen legen

Wie wir bereits gesehen haben, ist ein weiterer Grund für die negativen Folgen des Impostor Syndroms der Vergleich mit anderen Menschen. Natürlich kann es auch seine Vorteile haben kann, sich mit anderen Menschen zu vergleichen, bspw. um zu sehen, was möglich ist. Die meisten Personen nutzen den Vergleich jedoch meistens, um ihre eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten offenzulegen. Während dies bei einem kleinen Teil der Bevölkerung als Motivation dient, führt das beim Rest zu einem verminderten Selbstvertrauen und dem Abwerten der eigenen Kompetenz.

Ein Beginner’s Mind kann durch die Unvoreingenommenheit und Offenheit dafür sorgen, dass wir uns vor allem mit anderen Menschen vergleichen, um von ihnen zu lernen. Am meisten vergleichen wir uns durch ein Beginner’s Mind mit unserem früheren Selbst. Wenn wir unseren eigenen Weg im Blick haben, können wir uns lebenslang verbessern, ohne die Gefühle von Inkompetenz oder vermindertem Selbstwertgefühl zu stark werden zu lassen.

Um nun eine kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten, kannst du dir eine ganz einfache “Formel” merken:

Beginner’s Mind + Growth Mindset = Kontinuierliche Verbesserung

Die Hintergründe eines Beginner’s Mind und von kontinuierlicher Verbesserung kennst du bereits. Ein Growth Mindset ist das Verständnis, dass Menschen ihre Fähigkeiten durch Anstrengung und bestimmte Strategien verbessern können. Durch die Kombination der Bereitschaft, dazuzulernen (Beginner’s Mind) und der Überzeugung, dass wir uns steigern können (Growth Mindset) können wir eine kontinuierliche Verbesserung erreichen.

Praktische Aspekte

Wenn du die Sichtweise des Beginner’s Mind in dein Leben integriert hast, sollten die meisten negativen Folgen, die ursprünglich mit dem Impostor Syndrom assoziiert wurden, wenn überhaupt nur stark vermindert auftreten. Wenn wir uns zusätzlich auch nur mit uns selbst, oder um von anderen Menschen zu lernen, vergleichen, bringt uns das unserem Ziel auch noch einen Schritt näher.

Trotzdem existieren noch einige praktisch anwendbare Tipps, mit denen du vielleicht noch zusätzlich die negativen Folgen vom Hochstapler Syndrom reduzieren kannst:

Fehlerkultur ausprägen

Ein aktiverer und konstruktiver Umgang mit deinen eigenen Fehlern kann für ein besseres Selbstbild sorgen.

Ein Erfolgstagebuch führen

Indem du täglich deine Leistungen in einem Tagebuch festhältst, kannst du dir vor Augen führen, was du alles geschafft hast und du lernst, deine Fähigkeiten anzuerkennen.

Lob annehmen

Durch das Annehmen von Lob werden wir uns unserer eigenen Kompetenzen und Leistungen bewusst und können so weiteres Selbstvertrauen gewinnen.

Fakten für Erfolge finden

Um dir klarzumachen, was du bisher alles erreicht hast, kannst du dir auch regelmäßig deine bisherigen Zeugnisse, Qualifikationen, etc. ansehen. Sie sind klare Fakten, die dir jemand ausgestellt hat, um deine Kompetenz zu beweisen.

Perfektionismus ablegen

Wie du bereits erfahren hast, ist Perfektionismus einer der Hauptgründe für das mangelnde Selbstwertgefühl beim Hochstapler Syndrom. Wenn du es schaffst, diesen abzulegen, steigert das deine eigene Kompetenzwahrnehmung enorm.

Offen damit umgehen, dass man noch viel zu lernen hat

Wenn wir das Gefühl haben, nicht kompetent zu sein, dann können wir unsere Mitmenschen auch wissen lassen, dass wir noch einiges zu lernen haben. Das nimmt uns dann auch sofort den Druck, perfekt zu sein und alles wissen zu müssen.

Hochstapler Syndrom Test

Wenn du nun testen willst, ob du unter dem Impostor Syndrom leidest, kannst du den originalen Test von Dr. Pauline Rose Clance durchführen:

https://paulineroseclance.com/pdf/IPTestandscoring.pdf

Anstatt aber dann nach Tipps zu suchen, um die Symptome zu lindern, ist es für dich zuerst einmal wichtig, die Sichtweise auf das Impostor Syndrom zu ändern. Wie du im Beitrag gesehen hast, hilft dabei die Ausprägung eines Beginner’s Mind.

Quellen

Artikel

Paulineroseclance.com: Impostor phenomenon test and scoring.
https://paulineroseclance.com/pdf/IPTestandscoring.pdf

Karrierebibel: Impostor Syndrom.
https://karrierebibel.de/impostor-syndrom/

Asana: Impostor Syndrome.
https://asana.com/de/resources/impostor-syndrome

Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Hochstapler-Syndrom

Sakulu, J.; Alexander, J.: The Impostor Phenomenon.
https://www.sciencetheearth.com/uploads/2/4/6/5/24658156/2011_sakulku_the_impostor_phenomenon.pdf

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