Physiologischer Seufzer für garantierte Echtzeit-Entspannung

Hier lernst du eine Methode kennen, die besonders viel beschäftigten Personen zu schneller und zuverlässiger Erholung verhilft – Den physiologischen Seufzer bzw. physiological sigh.

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Wir alle haben über den Tag über Verpflichtungen, die uns mental oder physisch beschäftigen und auslasten. Während Spaziergänge oder Meditation effektive Methoden sind, um unser Stressniveau zu senken, können wir diese manchmal nicht passend in unseren Kalender einplanen.

Um uns unsere verdiente Erholung trotzdem zu gönnen, benötigen wir ein einfaches Mittel, mit dem wir schnell und unbemerkt unser Nervensystem beruhigen können.

Und genau hier setzt der physiologische Seufzer an.

Was ist ein physiologischer Seufzer?

Der physiological sigh, auf Deutsch physiologisches Seufzen oder physiologischer Seufzer, ist eine bewusste Atemtechnik. Sie wurde durch Andrew Huberman, Professor für Neurowissenschaften an der Stanford University, popularisiert. Der Vorteil dieser Atemtechnik besteht darin, dass wir im Gegensatz zu beispielsweise Meditation oder NSDR unsere laufende Tätigkeit nicht beenden müssen.

Der physiologische Seufzer erlaubt es uns damit, regelmäßig in Echtzeit mehr Entspannung, Beruhigung und somit Erholung zu erlangen.

Durchführung des physiological sigh

Das Atemmuster des physiologischen Seufzers sieht folgendermaßen aus: Einatmen – Einatmen – Ausatmen. Wichtig ist dabei, dass das erste Mal Einatmen länger ist als das zweite Mal. Beim zweiten Mal Einatmen solltest du versuchen, noch etwas mehr Luft in die Lunge zu bekommen. Das Ausatmen danach sollte länger sein, als beide Male Einatmen zusammen.

Typischerweise wird beim physiological sigh durch die Nase eingeatmet und durch den Mund ausgeatmet. Wenn dies nicht machbar sein sollte, sind auch alle Atemzüge durch den Mund oder die Nase möglich. Um unser Stresslevel zu senken, reichen meistens 1 bis 3 solcher physiologischen Seufzer.

In folgendem Video wird dir noch die Durchführung von Andrew Huberman persönlich gezeigt:

Biologische Erklärung

Doch warum funktioniert so eine einfache Methode, um unser Nervensystem zu beruhigen? Ganz einfach! Die beruhigende Funktion dieser Methode ist fest in unserer Physiologie verankert.

Was ist Stress?

Grundsätzlich entsteht Stress in unserem Gehirn und wird durch unsere Bewertung von äußeren Reizen ausgelöst. Dabei beeinflusst er auch das autonome Nervensystem, welches nicht bewusst durch unseren Willen beeinflussbar ist.1Stressreaktion

Dabei kann Stress verschiedenste Formen annehmen: In starker Ausprägung kann er sich in Herzrasen, Hyperventilation oder auch Panikattacken zeigen. Schwächere Ausprägungen sind etwa eine erhöhte Alarmbereitschaft, Konzentration, aber auch Schläfrigkeit.2Mit der richtigen Atmung und weitem Blick Stress abbauen

Diese Reaktionen dienen dazu, unseren Körper zu mobilisieren. Das ist natürlich nützlich, wenn wir beispielsweise einen Bus erreichen müssen, aber weniger hilfreich, wenn diese Reaktionen übermäßig auftreten.

Wenn wir gestresst sind, atmen wir oft schneller und flacher. Das erlaubt es uns, mehr Sauerstoff aufzunehmen und zusätzliche Energie zu erzeugen, die uns für eine mögliche Antwort auf den Stressor zur Verfügung gestellt würde.3What is a ‚Physiological Sigh?

Diese schnelle und flache Atmung bewirkt aber auch, dass in unserer Lunge einige der etwa 500 Millionen ballonförmigen Lungenbläschen kollabieren. So wird der Gasaustausch eingeschränkt und unser CO₂-Gehalt im Blut erhöht, was zu dem typischen aufgeregten Gefühl führt.4Is a sigh just a sigh?

Kurzzeitiger Stress hat also eine große Bedeutung für uns. Übermäßiger Stress kann jedoch über einen längeren Zeitraum schädlich sein. Nach Huberman ist es daher sinnvoll, Methoden zu kennen, mit denen wir die Stressreaktion regelmäßig bewusst dämpfen können.5How stress affects your brain and how to reverse it

Wir Seufzen periodisch unbewusst

Die flache Atmung während einer Stressreaktion bewirkt ein Kollabieren der Lungenbläschen. Um die Bläschen wieder aufzupusten, ist ein regelmäßiges Seufzen notwendig. Seufzen ist etwas, das wir unwillkürlich die ganze Zeit tun, auch kurz vor dem Einschlafen, während des Schlafs und wenn wir weinen.6Is a Sigh Just a Sigh?

Diese Seufzeratmung tritt unbewusst etwa alle paar Minuten auf und sie erhöht sich, wenn wir gestresst sind, einen Sauerstoffmangel haben oder unter bestimmten psychischen Erkrankungen.7The peptidergic control circuit for sighing

Die lebenswichtige Bedeutung von Seufzen zeigt sich vor allem auch bei COVID-19 Patienten auf Intensivstationen. Deren Beatmungsgeräte sind so programmiert, dass sie in regelmäßigen Abständen selbstständig einen Seufzer produzieren. Wäre die Atemfrequenz der Patienten nur gleichförmig, würden immer mehr Lungenbläschen kollabieren.8Funktionelles Atmen (Atemhygiene)

Neben der unbewussten Regelung können wir diese Seufzer zur Erneuerung der Luftbläschen aber auch bewusst steuern.

Bedeutung des Physiologischen Seufzers

An dieser bewussten Steuerung setzt der physiologische Seufzer an. Diese Atemweise wurde erstmals in den 1930er Jahren entdeckt, als Menschen spontan auf diese Art und Weise in klaustrophobie-induzierenden Orten verfielen. Auch in Tiefschlaf-Phasen konnte der physiological sigh beobachtet werden.9Bluedoormedia

Die bewusste Ausführung dieses doppelten Einatmens und verlängerten Ausatmens basiert auf Studien, die die Aktivierung von Neuronen in unserem Gehirn untersuchen. Es besteht eine direkte Verbindung zwischen den Neuronen, die unsere Atmung kontrollieren und der Hirnregion, die für Erregung und Panik verantwortlich ist. Die bewusste Stimulierung genannter Neuronen bringt uns somit zur Ruhe. Außerdem sorgt diese Atemweise dafür, dass in unserem Körper ein passendes Gleichgewicht an Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid wiederhergestellt wird.

Auch das zweite Mal Einatmen hat eine wichtige Bedeutung, basierend auf der menschlichen Physiologie. Die zweite, seufzerartige Einatmung stimuliert unsere Lungenbläschen nochmal zusätzlich, sodass wir noch mehr Sauerstoff aufnehmen und CO₂ abgeben können.

Das bewusst längere Ausatmen sorgt danach für eine zusätzliche Beruhigung. Das liegt daran, sich beim Ausatmen unser Zwerchfell nach oben bewegt und so mehr Platz in der Herzkammer schafft. Dadurch verkleinert sich unser Herzvolumen und unser Blut fließt schneller durch einen verkleinerten Raum. Rezeptoren in unserem Körper erkennen diesen übermäßig schnellen Blutfluss und senden ein Signal zur Beruhigung des Körpers und zum Absenken der Herzrate.10Is a sigh just a sigh?

Wichtig: Wundere dich nicht, wenn dein Puls nicht sofort während der Durchführung des physiologischen Seufzens beruhigt. In den meisten Fällen dauert es etwa 40–60 Sekunden, bis sich die Herzrate senkt.

Sehr gut! Nun kennen wir mit dem physiologischen Seufzer eine einfache Methode, um uns schnell zu entspannen. Diese Seufzeratmung ist dabei kein „Lifehack“, sondern nur eine Art und Weise, die sowieso in unserem Gehirn vorhandenen Neuronen zur Beruhigung zu stimulieren. Je regelmäßiger wir diese Atemweise durchführen, desto mehr Beruhigung kann sie hervorbringen.

Noch ein kleiner Fun Fact: Wenn du das nächste Mal beim Joggen bist und ein stärkeres Seitenstechen spürst, kannst du auch den physiologischen sigh anwenden, um Linderung zu schaffen.

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Eine weitere effektive Methode zur Erholung, die in kürzerer Zeit sogar so effektiv wie ein Mittagsschlaf sein kann und du besonders nach der Arbeit anwenden kannst, ist das sogenannte NSDR (Non sleep deep rest). Schau dir gerne meinen Beitrag dazu an, um deren Durchführung und Vorteile kennenzulernen!

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